Freitag, 25. Februar 2011

Interessiert...?


Wort zum Sonntag am 25. Februar



„Sind Sie sicher, dass Sie die Erhaltung des Menschengeschlechts, wenn Sie und alle Ihre Bekannten nicht mehr sind, wirklich interessiert? Und wenn ja, warum? Stichwörter genügen.“ So heißt es in einem Text bei Max Frisch, dem Schweizer Schriftsteller.

Die Schlagzeilen lesen ist das eine, aber bin ich wirklich an dem interessiert, was sich da unten in Nordafrika oder wo auch immer auf der Welt ereignet? Hauptsache, der Benzinpreis steigt nicht weiter.

Bis jetzt war es doch eigentlich egal, dass in Libyen eine Diktatur regiert, die null freie Meinungsäußerung zulässt. Mancher Staatsmann schämt sich jetzt für die netten Fotos mit Gaddafi.
Pervers, dass wir jetzt Flugzeuge nach Libyen schicken, um unsere Staatsbürger zu evakuieren, und gleichzeitig Flüchtlinge aus Libyen genau dorthin wieder zurückschicken.

Europa bekommt zwar noch nicht einmal eine Resolution hin, legt aber großen Wert darauf, dass aus keinem der Mitgliedsstaaten zur Zeit Waffen nach Libyen verkauft werden. Zur Zeit!

2009 hat man noch über dreihundert Millionen Euro damit verdient. Die Gewehre, die heute auf die Demonstranten schießen, kommen auch aus Europa.

Es ist nicht zu fassen. Täglich verlieren Menschen ihr Leben, aber es scheint manchem europäischen Politiker wichtiger zu sein, sein Gesicht nicht zu verlieren, als sich eindeutig gegen Despotismus und Gewalt gegen das eigene Volk auszusprechen.

Wenn jetzt Menschen ihr Leben riskieren und verlieren, dann geht uns das eine Menge an. Es geht um Völkermord. Wir, als Industriestaaten, sind unersättlich mit unserem Hunger nach Energie und immer auf den Knien vor unserem Abgott Wirtschaftswachstum. Und dabei leider immer noch allzu bereit, korrupte, gewaltbereite Regimes und größenwahnsinnige Despoten zu dulden, oder schlimmstenfalls sogar sie zu hofieren, wenn es uns in den Kram passt.

Für Christen gibt es immer die Versuchung, die Lösung dieser heftigen Probleme auf den lieben Gott abzuschieben. Er wird die Welt sowieso erlösen, wir müssen nur Geduld haben und alles ist nur vorläufig. Also: lasst uns für die armen unterdrückten Menschen beten.

Das sollten wir auch und tun wir auch, aber das ist nicht genug. Gott korrigiert nicht immer unsere selbstgemachten Fehler. Er nennt das Sünde.

Im katholischen  Gottesdienst, morgen am Sonntag, spricht die Bibel von Gott, „…der das im Dunkeln Verborgene ans Licht bringen und die Absichten der Herzen aufdecken wird“. (1 Kor 4,5) Das passt.

Gott hat uns Verstand, Willen, und vor allem Freiheit gegeben, um sie zu nutzen. Um damit für die Freiheit und Würde der Menschen überall auf der Welt einzutreten. Auch wenn das Verzicht bedeutet, auch wenn das ganz konkret heißt, dass ich an der Tankstelle eventuell ein paar Cent mehr pro Liter hinlegen muss.

Das kann aber auch heißen, Protestaktionen von Pax Christi oder Amnesty International zu unterstützen oder an den eigenen Abgeordneten zu schreiben, um ihn daran zu erinnern, dass Freiheit ein höheres Gut ist als Wirtschaftswachstum. Und dass wir bereit sein sollten, großzügig Flüchtlinge bei uns aufzunehmen.

Also: Beten und Handeln. Beides. Hellwach bleiben.

„Sind Sie sicher, dass Sie die Erhaltung des Menschengeschlechts, wenn Sie und alle Ihre Bekannten nicht mehr sind, wirklich interessiert?“
Die Antwort ist: Ja.

Dazu wünsche ich Ihnen Kraft und Gottes Rückenwind und Segen!

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