Donnerstag, 22. Oktober 2009

Aus der Kirche austreten?

Wort zum Sonntag am 24.10.2009



von Pfarrer Michael Broch

aus Leonberg


Hier können Sie den Text nachlesen und
- wenn Sie mögen - einen Kommentar dazu schreiben

„Soll ich aus der Kirche austreten oder nicht?“ – Keine Sorge, ich tu es natürlich nicht. Doch nicht wenige treibt diese Frage um. Und etliche sind ausgetreten oder haben es vor. Und das beschäftigt verständlicherweise auch die Kirchenleitungen.

Grund für diesen Schritt ist längst nicht nur die Kirchensteuer. Die einen finden in der Kirche keine Heimat mehr, weil sich für sie zu wenig bewegt, die Kirche sich sogar nach rückwärts bewegt. Den anderen sind die Lehren der Kirche und die Aussagen der Kirchenoberen zu verstaubt und rückständig. Wieder andere finden in der Kirche kein Verständnis für ihre Lebenssituation, z. B. wer homosexuell ist oder wer geschieden und wiederverheiratet ist.
Jeder Vergleich hinkt, aber ich vergleiche die Kirche immer mal wieder mit der Familie. Und in jeder Familie gibt es auch Schwierigkeiten, und man kann sich zeitweilig fremd werden. Wir können auch der Kirche aus vielen Gründen fremd werden – und die Kirche uns.
Ich respektiere es, wenn sich jemand entscheidet, aus der Kirche auszutreten. Wer aber um eine Entscheidung ringt, den möchte ich ermutigen, es trotzdem noch einmal mit der Kirche zu versuchen. Es gibt ein paar gute Gründe dafür:

  • Kirche ist der Ort Jesu. Sie ist die Gemeinschaft, die sich an Jesus orientieren soll, sich aber auch immer wieder kritisch anfragen lassen muss. Und von diesem Jesus geht nach wie vor eine unglaubliche Faszination aus. Bis zum heutigen Tag wirkt seine Botschaft, seine Art, offen und direkt auf Menschen zuzugehen. Und welchen Gott er verkündet – einen Gott, vor dem man keine Angst haben muss. Einen Gott, der ganz auf der Seite des Menschen steht. Um Jesus entsteht ein Klima, in dem sich Menschen geborgen fühlen und verstanden wissen.
  • Diese einmalige Botschaft von Jesus verkündigt die Kirche auch durch die Jahrhunderte. Und immer wieder sind es bekannte und unbekannte Frauen und Männer, die glaubwürdig Zeugnis geben von Jesus. Wenn sie sich um gesellschaftlich Ausgegrenzte kümmern oder Menschen spirituell begleiten.
  • Die Kirche ist im besten Fall für die Menschen da – von der Geburt bis zum Tod. Wenn die Kirche ganz bei ihrem Ursprung ist, hilft sie Menschen in ihren Nöten und lässt sie eine Hoffnung spüren, die über den Tod hinaus reicht. Deshalb nimmt gute Seelsorge den ganzen Menschen ernst. Die Kirche erinnert immer wieder daran, im Sinne Jesu solidarisch zu sein mit den Schwachen, die keine Lobby haben. Und das kann bedeuten: Sie muss auch nerven und anecken.
  • Die Kirche feiert Gottesdienste und schafft darin auch Freiräume, ein Stück weit aus Alltagszwängen und Leistungsdruck heraus zu kommen. Kirchen sind Orte der Ruhe und der Besinnung. Orte, an denen manche Sprachlosigkeit, Ohnmacht und Hilflosigkeit im Gebet zur Sprache gebracht werden können. Und nicht zuletzt ist die Kirche ein wichtiger Kulturfaktor durch Musik und Kunst.

Alles schön und gut, aber wer richtig Probleme mit der Kirche hat, den muss all das nicht unbedingt in ihr halten. Und da kommt mir wieder die Familie in den Sinn. Familienmitglieder können einander fremd werden. Es kann Enttäuschungen und Auseinandersetzungen geben. Aber ich bleibe, wann immer es geht, in meiner Familie. Könnte das nicht auch für die Kirche gelten?

_

1 Kommentar:

  1. ich finde des gut und wichtig, dass ein Pfarrer die menschen anspricht, die so ihre Probleme mit der Kirche haben - es ist ein ZEichen der ERmutigung - es gibt MEnschen in der KIrche, die den Unmut mancher versuchen zu verstehen - und es gut mit den MEnschen meinen, an ihnen interessiert sind.

    AntwortenLöschen