Samstag, 2. Januar 2010

Lebe - ganz und intensiv!

Wort zum Sonntag - am 2.1.2010

„Mein 50. Geburtstag letzte Woche war so ein tolles Fest“, hat mir eine Bekannte vor kurzem beim Einkaufen erzählt. „Ich war auch ganz stolz auf meine Rede – dass ich jetzt mit 50 die Dinge viel lockerer sehe, mich nicht mehr so in Stress bringen lasse – Pustekuchen! Ich bin schon wieder nur am Hetzen. Die Wäsche, die Kinder brauchen noch 1000 Sachen, mein Schreibtisch sieht aus…! Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.“ Und weg war sie!
Ich kenne viele, die sich das vorgenommen haben: weniger zu hetzen, dafür intensiver zu leben. „Entschleunigung“ heißt das neudeutsch so schön.

Aber wie soll das eigentlich funktionieren, wenn nach solchen Highlights wie Geburtstagen oder Ferien der Alltag wieder losgeht, mit all den Pflichten und Terminen? Ich habe auch oft das Gefühl: Der Tag hat zu wenig Stunden! Da ist mein Beruf, unsere drei Kinder, der Haushalt. All das, was in meiner Umgebung passiert. Und über das, was in der Welt los ist, will ich mich ja auch noch informieren, mehr Anteil nehmen.

Es gibt eine alte Geschichte, die mir weiterhilft, wenn ich mich gerade wieder selbst überholen will. Vielleicht haben Sie sie auch schon mal gehört.
Sie erzählt von einem Mann, der auch Vieles zu tun hat. Trotzdem schafft er es, die Dinge mit großer Ruhe und Gelassenheit anzugehen. Das fasziniert die Leute um ihn herum und sie fragen ihn: Wie kannst du bei all dem, was du zu tun hast, so gelassen sein? Er antwortet: Wenn ich stehe, stehe ich. Wenn ich gehe, dann gehe ich. Wenn ich sitze, dann sitze ich. Wenn ich esse, dann esse ich. Wenn ich spreche, dann spreche ich…
Die Leute fallen ihm ins Wort und sagen: Ja, klar, das machen wir ja auch. Aber was machst du denn noch? Er antwortet: Wenn ich stehe, stehe ich, wenn ich gehe, dann gehe ich. Wenn ich sitze, dann sitze ich. Wenn ich esse, dann esse ich. Wenn ich spreche, dann spreche ich. Die Leute werden ein bisschen ungeduldig und rufen: Ja, aber das tun wir doch auch! Da antwortet der Mann: Nein. Wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon. Wenn ihr steht, dann lauft ihr schon. Wenn ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel…..

Peng, erwischt. Genau so ist es, ganz oft. Die Lösung, die die Geschichte anbietet, ist ganz einfach: Wenn du raus willst aus der Hetze, aus dem Zerrissensein, dann mach nicht alles auf einmal. Bleib bei einer Sache. Bleib bei dem, was du gerade tust und tu es ganz! So einfach ist das! Das geht nicht immer – und muss es auch nicht. Aber wenn ich wirklich ganz bei der Sache bin, gelingt mir das, was ich gerade tue. Und vor allem: Ich bin wirklich ganz da. Nicht mit dem Kopf schon beim nächsten Termin, während der Rest von mir irgendwas anderes macht. Dann bekomme ich auch mit: Was ist jetzt gerade dran? Dann kann ich wirklich zuhören, wenn ich mit jemandem rede! Dann kann ich auch realisieren: Das schaffe ich jetzt nicht mehr, und wenn ich es mir drei Mal vorgenommen habe!

Intensiver leben heißt also nicht: möglichst viel in möglichst kurzer Zeit! Intensiver leben heißt: Ganz da sein, jetzt und hier. Genau so nennt sich übrigens Gott im Alten Testament der Bibel: Ich bin ganz da, ich bin der Ich bin da!

Wirklich ganz da sein, ganz präsent sein, das gelingt uns Menschen wahrscheinlich erst im Himmel. Aber morgen ist Sonntag, ein kleiner Vorgeschmack sozusagen – extra von Gott vorgesehen als Unterbrechung der alltäglichen Hetze! Eine Chance, mit meinen Kindern zu spielen. Eine Chance, im Gottesdienst zu beten. Eine Chance, bei dem, was ich tue, mit ganzem Herzen da zu sein. Intensiver leben – ein Jahr hat 365 Tage es zu probieren!

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