Dienstag, 17. August 2010

Eine Kirche, die aufrichtet


Das "Wort zum Sonntag" vom 14.08. von Pfarrer Gereon Alter


Schauen Sie mal genau hin. Die Kirchenbänke stehen senkrecht. Sechs Meter hoch ragen sie in den Raum hinein. Ungeordnet, willkürlich, provozierend. Eine Installation der Künstlerin Dorothee Bielfeld. Das Bild zeigt eine Kirche in Bochum. Nicht ein Museum. Eine ganz normale Kirche, in der sich regelmäßig Menschen zum Gottesdienst versammeln – nur etwas anders eben als gewohnt.

Wer die Kirche betritt, kann sich nicht einfach auf seinen Stammplatz setzen. Er muss erst einmal schauen, wo der eigene Platz ist – wo er heute ist. Manche gehen durch die Bänke hindurch direkt zum Altar. Andere stehen eher am Rande oder bewegen sich zwischen den Bänken. Das eigentlich Spannende aber ist, dass der so gestaltete Kirchenraum Menschen aufrichtet. Denn wer sich zwischen diesen aufrecht stehenden Bänken bewegt, nimmt unwillkürlich selbst eine aufrechte Haltung an. Man geht erhobenen Hauptes durch diese Kirche.

Ich finde, das ist ein wunderbares Bild. Eine Kirche, die Menschen nicht abverlangt, in Reih und Glied zu stehen, sondern ihnen Raum gibt, ihren eigenen Platz zu finden. Eine Kirche, die sich nicht leiten lässt von dem, was "immer schon so und nicht anders" war, sondern von dem, was der Einzelne hier und jetzt braucht. Und vor allem: eine Kirche, die Menschen hilft, aufrecht und erhobenen Hauptes durch die Welt zu gehen.

Ich weiß: das ist ein Idealbild. Und es gibt genügend Beispiele dafür, dass die Kirche hinter diesem Anspruch zurück bleibt oder sogar das Gegenteil bewirkt. Aber gerade deshalb ist es wichtig, sich das wieder neu vor Augen zu führen. Dazu ist die Kirche da: den Menschen Raum zu schaffen und sie aufzurichten.

Der Bildhauer Ernst Barlach hat das so dargestellt. Ein fest auf dem Boden verwurzelter, aufrecht stehender Jesus hilft einem kleinmütigen, in sich gekrümmten Menschen ebenso aufrecht da zu stehen. Er gängelt ihn nicht, er hält ihn nicht fest, sondern hilft ihm aufrecht zu gehen. "Was willst du, dass ich dir tun soll?" hat Jesus immer wieder gefragt. "Was brauchst Du, um der sein zu können, der du bist? Um frei zu werden von Menschen und Dingen, die dich klein machen und dir den Lebensmut nehmen?"

Gott sei Dank sind mir im Laufe meines Lebens immer wieder Menschen begegnet, die ganz ähnlich gefragt und gehandelt haben. Menschen, an denen ich mich aufrichten konnte und die mir Raum geschaffen haben. Die nicht der Versuchung erlegen sind, sich über mich zu erheben und mich klein zu machen, sondern mit mir nach dem gefragt haben, der uns Menschen groß und einzigartig geschaffen hat.

Helfen Sie mit, dass die Kirche immer mehr zu einem Ort wird, an dem Menschen das erfahren können. Ob Sie nun Mitglied sind oder nicht. Ob Sie mitten drin stehen oder eher am Rande. Denn unsere Gesellschaft braucht solche Orte. Wir Menschen brauchen solche Orte, die uns daran erinnern, wer wir eigentlich sind, und die uns helfen, aufrecht durchs Leben zu gehen.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag!

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2 Kommentare:

  1. AUFRICHTEN?
    von wegen "aufrichten".
    herr alter hätte sich mal vor ort umsehen sollen: gemeindemitglieder die aus der kirche ausgetreten sind oder es vorhaben, oder in andere gemeinden geflohen sind.
    ein selbstherrlicher -und selbstverliebter probst der ohne rücksicht auf verluste und auf die heiligkeit des ortes seine "kunstkirche" durchzieht.
    widerspruch wird nicht geduldet. entweder sie werden niedergebrüllt oder zur not werden kritiker versucht per falschaussagen mit strafanzeigen zu überziehen und so mundtot zu machen. und das alles unter billigung des bischofs.eine atmösphäre von angst und aggression.
    ist das die neue kirche die sie und ihregleichen wollen? das soll aufrichten?
    ich denke diese verkopfte,eltäre kirche der kunst- und gesellschaftswissenschafftler, von allem heiligen und "volksglauben", ja auch von traditionen, beraubt,hat keine zukunft und ist zu recht dem untergang geweiht.

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  2. Lieber anonymer Schreiber,

    mir ist bei meinem Besuch der Christ-König-Kirche nicht entgangen, dass es in Ihrer Gemeinde verschiedene Ansichten und auch Spannungen gibt. Das halte ich für recht normal, wenn Kirche etwas Neues wagt. Was mich allerdings schon befremdet, ist die Aggressivität, mit der Sie aus Ihrer geschützten Position heraus Stellung nehmen. Was Sie sich wünschen, eine stärker vom "Volksglauben" und von Traditionen geprägte Kirche, gibt es doch in reichem Maße. Warum soll da nicht auch Platz für eine Kirche und für Menschen sein, die das Alte im Neuen bewahren wollen? Katholizität hat, wenn ich es richtig gelernt habe, etwas mit Weite zu tun. Vor allem mit einer Weite des Herzens.

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