Samstag, 25. September 2010

"Zukunft gewinnen statt abschaffen!"


Anlässlich der "Interkulturellen Woche" spricht Verena Maria Kitz im "Wort zum Sonntag" über Integration: darüber, wie sich Muslime und Christen auch in Frankfurt begegnen und miteinander ins Gespräch kommen können.

Eine Grundschule in Frankfurt: 60 Kinder sind in diesem Jahr eingeschult worden. Von diesen 60 sind 11 Kinder Deutsche. Eine Mutter hat mir erzählt: „Anna, meine Tochter, ist das einzige deutsche Mädchen in der Klasse. Wenn die Mädchen sich dann in der Pause treffen, reden die anderen ganz oft in ihrer Muttersprache – und Anna steht daneben!“

Von solchen Erfahrungen sprechen viele in diesen Tagen! Das Ganze wird angeheizt durch ein Buch, das behauptet, Deutschland schaffe sich ab. Wir Deutsche würden früher oder später Fremde im eigenen Land. Viele stimmen dem Autor zu: Ganz unrecht hat er ja nicht, sagen sie!

Im Integrationsbericht des Bundesinnenministers sieht das anders aus: 80– 90% der Migranten sind gut integriert, heißt es da. Nur 10 – 15 % gelten als „integrationsunwillig“. Die große Mehrheit, sagt der Minister, ist gut integriert.

Das nützt Anna auf dem Schulhof nicht viel! Wer steht schon gerne allein da, versteht nicht, was die anderen reden. Das mag auch kein Erwachsener!

Ich hab das vor einiger Zeit ganz anders erlebt, Gott sei Dank!
Es war nach dem schweren Erdbeben in Haiti. Eine türkische Mutter, die ich flüchtig kenne, sprach mich an: Es gäbe am Wochenende auf dem Gelände ihrer Moschee ein Essen zugunsten der Erdbebenopfer! Ob ich nicht auch kommen wollte mit meinen Kindern? Ich war ein bisschen überrascht, so gut kennen wir uns ja nicht. Aber ich habe mich gefreut und spontan ja gesagt.

Je näher der Samstag kam, umso mehr kam ich ins Grübeln: Hm, wer geht da noch hin? Kenne ich überhaupt jemand? Und wenn ich die einzige Deutsche bin? Aber ich hab ja zugesagt! Also bin ich los, mit meiner Tochter als Verstärkung. Es waren sehr viele Leute da, aber wir kannten niemand! Wir waren tatsächlich die einzigen Deutschen.
Welche Erleichterung, als wir schließlich doch unsere Bekannte trafen! Sie kam auf uns zu, hat sich total gefreut, holte Stühle. Auch andere Frauen kamen, und wir haben zusammen gegessen und uns sehr gut unterhalten, mit Worten und Händen und Füßen.

Fremd im eigenen Land? Nein! Da bei den Frauen hab ich mich wirklich willkommen gefühlt. Und bei allem, was uns unterscheidet, da ist auch viel. was uns verbindet: Wie geht das mit den Kindern, was ist in der Schule los, wer versorgt die alten Eltern? Wir haben sogar über unseren Glauben geredet.

Mit dieser Erfahrung will ich nicht leugnen, dass es Probleme gibt im Zusammenleben. Die gibt es wirklich! Aber gerade deswegen müssen wir lernen, aufeinander zu zu gehen, auf beiden Seiten! Miteinander reden, statt übereinander!

Dafür setzen die Kirchen, viele Verbände und Vereine in dieser Woche ein klares Signal! Sie laden ein zur interkulturellen Woche – unter dem Motto: Zusammenhalten – Zukunft gewinnen! Über 3500 Veranstaltungen gibt es an vielen Orten in Deutschland! Sie sind eine Chance, diese Hemmschwelle der Fremdheit zu überwinden!

Das immer wieder zu probieren, ist für mich ein zutiefst christliches Anliegen: Wir sind alle Geschöpfe Gottes, egal welche Hautfarbe, Religion oder Nationalität jemand hat. Wir können es wagen, aufeinander zu zu gehen!

Und das ist eigentlich ganz einfach: Die Mutter von Anna hat mir erzählt: Sie wird jetzt mal zwei von den Mädchen aus Annas Klasse zum Spielen einladen. Und die Mütter gleich dazu! Von solchen Begegnungen wünsche ich uns mehr – in der interkulturellen Woche und auch danach!

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