Samstag, 27. November 2010

Gebetswache für das Leben


Am Samstag, dem 27. November wird Papst Benedikt XVI. in der Petersbasilika gleichzeitig mit der ersten Vesper des ersten Adventsonntages und im Blick auf das nahende Hochfest der Geburt Christi eine feierliche „Gebetswache für das werdende Leben“ feiern. Die Gemeinden weltweit sind eingeladen, die Initiative des Papstes zu unterstützen. Monsignore Stephan Wahl schließt sich im Wort zum Sonntag der Gebetswache mit seinen Wünschen und Bitten an.


Wenn mich jemand fragt,
wie viele Geschwister ich habe,
sage ich: drei.
Und alle, die mich kennen, sind dann verwundert
und sagen: aber wir kennen doch
nur eine Schwester und einen Bruder.
Aber es gibt noch Martina.
Martina ist meine ältere Schwester,
die vor mir geboren wurde
und nur einen Tag auf dieser Welt leben konnte.
Sie gehört zu unserer Familie
wie wir Lebenden.
Ich habe sie nicht gekannt,
aber sie ist und bleibt meine Schwester.
Nach allen Expertisen und vorgeburtlichen
Untersuchungen würde man heute vielleicht
sagen: besser nicht,
das ist eine ganz problematische Situation,
das kann nur schief gehen.
Den Schmerz kann man den Eltern ersparen.
Hätten meine Eltern sich so entschieden,
ich würde heute nicht zu Ihnen sprechen können.
Denn bei mir war das Geburtsproblem ähnlich.

Sie ahnen vielleicht, was ich sagen will:
PID und alles was damit verbunden ist,
also vorgeburtliche Diagnose, lehne ich ab.
Wer entscheidet vor einer Geburt,
wer lebenswert ist und wer nicht?
Wie viele Eltern kommen fast um vor Sorgen
um ihre in Anführungszeichen „normalen Kinder“,
und wie viele Eltern sind täglich dankbar für ihre etwas anderen Kinder.
Ich nenne nur die Kinder mit Down Syndrom,
die oft emotional und sozial weiter sind als andere.

Papst Benedikt teilt mit vielen anderen diese Sorgen.
Deshalb hat er heute in Rom eine Gebetswache für das Leben gehalten.
Überall auf der Welt haben sich katholische Christen
dieser Initiative angeschlossen.
Es ist kein Gegen, sondern ein kräftiges „Für das Leben“.
Mit Papst Benedikt und der ganzen Kirche bitte ich:

Für alle, die uns das Leben geschenkt haben
und uns im Leben begleiten und die uns
Mitmensch und Engel sind,
aber auch für alle, für die sich niemand interessiert,
die alles mit sich allein ausmachen müssen,
die ohne Rat und Hilfe um große Entscheidungen ringen.

Ich denke an alle, die sich auf die Geburt ihres Kindes freuen,
aber auch an die, die darunter leiden, nicht Vater oder Mutter werden zu können.
Ich denke auch an die, die sich gegen ein Kind entschieden haben.
Dankbar bin ich für alle, die schwangere Frauen zu einem Ja zum Leben ermutigen
und Alleinerziehenden beistehen.

Mein Riesenrespekt gilt allen Familien,
die mit einem behinderten Kind ihren Alltag teilen.

Meine Gedanken gehen an alle, die an Krankheiten leiden,
über die man nicht spricht,
und alle, die sich im Kampf gegen Aids
und andere schwere Krankheiten engagieren.
Hochachtung für alle,
die gegen Diskriminierung und Vorurteile ihr Wort erheben.

Sehr leise und sehr traurig bitte ich für alle,
die als Kind missbraucht wurden
und sich erst nach vielen Jahren trauen,
darüber zu sprechen.
Es ist schwierig, aber trotzdem,
ich bete auch für alle Täter,
denen ihre Schuld bewusst wird.

Die Gebetswache für das Leben enthält
viel Sagbares und Unsagbares.
Allem gemeinsam ist die Bitte an Gott,
der will, dass wir das Leben haben
und es in Fülle haben.

In diesem Sinne Ihnen und allen die zu Ihnen gehören
einen gesegneten Start in den Advent!

Und erlauben Sie mir ausnahmsweise diesen persönlichen Gruß,
Gottes Rückenwind und Segen wünsche ich mit dem gesamten Team
unserem evangelischen Wort-zum-Sonntag Kollegen Ralf Meister,
der vorgestern zum Landesbischof von Hannover gewählt wurde.

Gute Nacht und einen guten Ersten Advent!

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