Sonntag, 6. Februar 2011

Die Macht des Wortes

Wort zum Sonntag am 5. Februar 2011

Ich hatte es morgens gerade in der Zeitung gelesen, und abends beim Elternabend war es dann ein großes Thema: Cyber-Mobbing, Mobbing im Internet. Da suchen sich Schüler ein "Opfer", machen jemanden fertig mit den übelsten Beleidigungen. Aber nicht Auge in Auge, auf dem Schulhof, wie zu meiner Schulzeit. Nein, heute läuft das im Internet, ganz indirekt und anonym. Im weltweiten Netz ist das mittlerweile fast normal. Es gibt sogar eigene Seiten, da kann man Klatsch und Tratsch anonym reinschreiben, die übelsten Verleumdungen in der ganzen Welt verbreiten: Das Opfer wird mit vollem Namen, mit Schule und Klasse genannt. Wer so fertig gemacht wird, kann sich kaum wehren: Das Internet vergisst nichts. Diese Demütigungen haben Menschen bis in den Selbstmord getrieben.

Aber auch im direkten Umgang wird die Sprache immer roher, rauer. Das hat seine Wirkung. "Blöde Zicke", hat neulich einer zu mir in der S-Bahn gesagt. Ich hatte nur gefragt, ob ich mal durch kann. Wie viele gehen Tag für Tag mit Widerwillen, mit Angst zur Arbeit: Weil sie mit Worten erniedrigt oder lächerlich gemacht werden. Worte haben eine Wirkung, üben Macht aus. Worte können dazu führen, dass Menschen sich wertlos fühlen und klein, am Boden zerstört.

Aber Worte können auch das genaue Gegenteil bewirken: Gute Worte können Menschen aufbauen, ja, sogar heil machen: "Du bist ein Schatz". "Gut, dass du da bist", oder: "Ich verzeihe dir". Das sind erst mal genauso "nur" Worte. Aber diese Worte haben eine ganz andere Wirkung: Sie sagen Gutes – und sie tun gut.

An vielen Schulen wird genau das jetzt probiert: Kinder und Jugendliche lernen, Konflikte zu besprechen, Streit auszutragen, ohne sich zu beschimpfen. Schulen entwickeln einen Ehrenkodex für die Internet-Nutzung. Meine Jüngste wird gerade zum "Pausenengel" ausgebildet: Da üben Kinder schon in der Grundschule wahrzunehmen: Wie wirkt das, was ich sage? Wie kann ich es so sagen, dass es anderen und mir gut tut? Und dass damit in der Pause und auch sonst in der Schule ein gutes Klima entsteht?

"Gutes sagen" – das ist übrigens im Lateinischen auch das Wort für segnen! Benedicere: Gutes sagen. Ich glaube, das bringt wirklich Segen. In guten Worten steckt eine gute, eine heilsame Kraft. Für mich wird darin auch etwas von der Liebe Gottes spürbar.

Ich hab mir vorgenommen, das häufiger zu tun: Anderen etwas Gutes sagen. In der S-Bahn, bei meiner Arbeit und auch sonst. "Danke, dass du mir zugehört hast" – "Schön, dass es dich gibt!" Ich glaube, auch wir Erwachsenen können gute Worte gar nicht oft genug hören.

Bei meinen Kindern tu ich das: Ich sag ihnen morgens, bevor sie zur Schule gehen: Ich hab dich lieb, sei beschützt, sei gesegnet an diesem Tag! Und das wünsche ich Ihnen jetzt auch: Seien Sie behütet in dieser Nacht und für morgen: einen gesegneten Sonntag!

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