Jeden Tag gibt es neue Nachrichten über den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in der katholischen Kirche. Mir als katholischer Kirchenfrau wird dabei immer mulmiger zumute. Dabei passiert in all dem Schrecken eigentlich etwas Befreiendes: Immer mehr Betroffene wagen es darüber zu sprechen.
Manche wundern sich: Warum jetzt erst? Bei vielen ist das doch schon so lange her! Ich weiß aus Gesprächen als Seelsorgerin, wie unendlich schwer das ist. Da ist die Scham, da sind die Selbstzweifel. Die Angst, das verrückte Gefühl, irgendwie selber mit schuld zu sein. Viele konnten mit diesen Erfahrungen nur weiter leben, weil ihre Seele sie verdrängt hat, abgespalten. „Ich hab mich immer gewundert, warum ich fast keine Erinnerungen an meine Schulzeit habe“, hat mir jemand gesagt. „Erst als die Schmerzen im Unterleib immer wieder kamen, kein Arzt was fand, die Alpträume immer häufiger wurden. Da hab ich angefangen, nach den Gründen zu suchen.“
Oft wird die Ursache erst nach Jahren klar. Und selbst dann ist es eine große Überwindung: den von allen verehrten Lehrer, den geschätzten Pater zu belasten oder gar anzuzeigen. Wer dann kein Gehör findet oder miterleben muss, wie abgewiegelt wird oder gar vertuscht, wird wieder Opfer – Opfer einer Kirche, die viel zu oft den Skandal vermeiden wollte statt sich auf die Seite der Betroffenen zu stellen.
Oft wird die Ursache erst nach Jahren klar. Und selbst dann ist es eine große Überwindung: den von allen verehrten Lehrer, den geschätzten Pater zu belasten oder gar anzuzeigen. Wer dann kein Gehör findet oder miterleben muss, wie abgewiegelt wird oder gar vertuscht, wird wieder Opfer – Opfer einer Kirche, die viel zu oft den Skandal vermeiden wollte statt sich auf die Seite der Betroffenen zu stellen.
Für all das schäme ich mich - als Frau der katholischen Kirche. In den letzten Tagen ist deutlich geworden: Gewalt und sexueller Missbrauch sind kein Problem der Kirche allein. Aber es wiegt doppelt schwer, wenn die, die sich als die „guten Hirten“ geben, ihre Schutzbefohlenen missbrauchen. Wenn die obersten Hüter der Moral selbst jede Moral vergessen, ihre Verbrechen verharmlosen oder gar vertuschen. Dann ist jede Glaubwürdigkeit dahin.
Ich bin erschüttert - als Seelsorgerin, aber auch als Mutter. Eltern haben ihre Kinder anvertraut – und entdecken: Ihre Kinder wurden im Innersten gebrochen, tragen ihr Leben lang an den Folgen. Umso drängender frage ich mit vielen anderen: Wie ernst meint es die katholische Kirche jetzt mit Reue und Aufklärung?
Das wird sich vor allem daran zeigen, wie die Verantwortlichen jetzt mit den Opfern des Missbrauchs umgehen. Selbst wenn Wunden irgendwann zuheilen, die Narben bleiben – nichts kann diese Verletzungen ungeschehen machen. Wenn es gut geht, können Menschen lernen, mit diesen Narben zu leben, aus der Opferrolle herauszukommen. Dafür muss und will die Kirche Mittel bereitstellen: für Therapien und andere Hilfen. Vor allem braucht es aber von der Kirche unabhängige Ansprechpartner und klare strafrechtliche Konsequenzen.
Der Wille zur Umkehr wird sich auch daran zeigen, wie unsere Kirche in Zukunft mit dem Thema Sexualität umgeht. Die Bibel sagt: Wir Menschen sind mit Leib und Seele geschaffen, unsere Sexualität ist von Gott gewollt. Kirchliche Verhaltensregeln in puncto Sexualität sind davon oft weit entfernt, wirken weltfremd, teilweise lebensfeindlich. Mit dem Thema Sexualität reif umgehen lernen. Einüben, behutsam und offen darüber zu sprechen: Das steht an für die katholische Kirche.
Und es steht an für alle, denen Kinder und Jugendliche anvertraut sind: In den Kirchen, aber auch in den Familien, in Schulen und Sportvereinen. Wir alle müssen Kinder und Jugendliche stark machen, damit sie sich gegen Übergriffe wehren können. Wir müssen wachsamer werden für die scheuen Signale von seelischer Not und körperlichem Missbrauch. Und wir müssen denen Gehör verschaffen und Recht, denen Gewalt angetan wurde und die schon so lange auf Gerechtigkeit warten.
die Katholen müssen in den Knast ,alle !!
AntwortenLöschenDanke für dieses Wort zum Sonntag! Endlich mal klare Worte, die man sich aber eher vom Papst gewünscht hätte!
AntwortenLöschenDer Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.
AntwortenLöschenDanke, Frau Kitz, für diese offenen WOrte von jemandem, der bei der katholischen Kirche arbeitet. Menschen wie Sie braucht unsere Kirche derzeit, die sich trauen, mutig an die Öffentlihckeit zu gehen und die Dinge beim Namen zu nennen. Sicher ist es grausam, was derzeit ans Tageslicht kommt!! Aber es ist nicht das Einzige, was "katholisch" ist... wie man bei Nichtkatholiken momentan glauben könnte.... Leider werfen die Berichte ihre riesigen Schatten auf alles andere in der katholischen Kirche. Somit muss offen und offensiv damit umgegangen werden, damit wieder Licht fällt auf den positiven "Rest", der katholische Kirche auch und im Besonderen ist!!!
AntwortenLöschenDie katholische Kirche lebt durch die vielen Menschen guten Willens, die ihren Glauben in ihrem Alltag leben - in ihrer Nachbarschaft, am Arbeitsplatz, in ihren Gemeinden, in politischem und gesellschaftlichen Engagement und an vielen anderen Stellen, Gott sei Dank!
AntwortenLöschenVerena Maria Kitz
Vielen Dank, Frau Kitz, für Ihre klaren Worte, Ihren Mut, Dinge endlich beim Namen zu nennen und dabei ausgewogen zu bleiben!
AntwortenLöschenDas Wort zum Sonntag war stark. Ein Wort an der richtigen Stelle!
AntwortenLöschenObwohl ich kein regelmäßiger Zuschauer des "Wort zum Sonntag" bin, war es doch das beste, was ich bisher auf diesem Sendeplatz gesehen habe! Ihren Worten, Frau Kitz, ist nichts hinzuzufügen außer mein Dank für Ihre Offenheit und Klarheit, die ich bei fast allen Männern der Amtskirche vermisse, und meine Hoffnung, dass sich die Verantwortlichen in Rom und in den Diözesen Ihre Wort zu Herzen nehmen. Ansonsten habe ich wenig Hoffnung für die Glaubwürdigkeit der Frohen Botschaft in unserer Zeit.
AntwortenLöschenHerzlichst
Dipl.-Theol. Martin Lieneke, Fürth/Bayern
Es kommt nicht von ungefähr, dass eine Frau diese vernünftigen Worte zu einem so weit reichenden Gesellschaftsproblem findet. Aber wen wird es wundern, wenn in einer absolut von Männern dominierten Sekte, die dazu auch noch in den letzten 2000 Jahren einen so weitreichenden Einfluß auf die Entwicklung unserer Moral hatte, weiterhin versucht krampfhaft an dieser Machtstuktur fest zu halten. Ich würde mir wünschen, dass jeder in dieser Sekte sich einmal die Frage stellt: Was hätte JESUS dazu gesagt?
AntwortenLöschenIch habe sehr wenig Hoffnung, dass diese Priester und Pharisäer ihre Machtpositionen in Frage stellen, oder gar aufgeben, zugunsten von einer durch NÄCHSTENLIEBE geprägten Lehre.
Wir alle treten das Andenken an JESUS mit Füssen. Traurig!